Was folgt aus den Stockholmer Unruhen?

Als Aus­lös­er der Unruhen in Stock­holm gilt der Polizeiein­satz vom 13. Mai im Stock­holmer Vorort Hus­by, bei dem ein 69-jähriger Mann erschossen wurde. Nun wird der Ein­satz unter­sucht, um festzustellen, ob es sich dabei um fahrläs­sige Tötung han­delte. Der Polizist, der die tödlichen Schüsse abgab, bestre­it­et die Vor­würfe und gibt an in Notwehr gehan­delt zu haben. Laut Polizei war die Ent­waffnung des Mannes trotz Ein­satz ein­er Blend­granate nicht geglückt, weshalb stattdessen geschossen wurde.
Nicht nur für die ver­meintliche Unver­hält­nis­mäßigkeit dieses Ein­satzes wurde die Polizei kri­tisiert, son­dern auch dafür, dass der Her­gang zunächst falsch dargestellt wurde. So wurde anfangs behauptet, der Mann sei auf dem Weg ins Kranken­haus ver­stor­ben. Tat­säch­lich wurde aber erst Stun­den nach den Schüssen seine Leiche aus der Woh­nung abtrans­portiert. Der Polizeis­prech­er Lars Byström, der die Falschmel­dung her­aus­gab, bedauert dies nun und spricht von einem Irrtum. Sollte dieser Fehler auch noch zu Unruhen geführt haben, sei es umso bedauer­lich­er – so Byström.
Abge­se­hen von der Unter­suchung der tödlichen Schüsse haben die Auss­chre­itun­gen selb­st weit­ere Fol­gen nach sich gezo­gen. So wurde am Fre­itag, den 31. Mai, eine Par­la­ments­de­bat­te zu den Geschehnis­sen der ver­gan­genen Woche anber­aumt. Gefordert hat­te diese der Vor­sitzende der radikal recht­spop­ulis­tis­chen Sverigedemokra­ter­na (SD) Jim­mie Åkesson. Auch Jus­tizmin­is­terin Beat­rice Ask (Mod­er­a­ter­na) stellte sich der Debat­te. Zu Beginn der Unruhen wurde kri­tisiert, dass zunächst von Seit­en der Regierung lediglich der Min­is­ter für Inte­gra­tion Erik Ullen­hag (Folk­par­ti­et) die Geschehnisse kommentierte.
Åkesson machte jet­zt während der Debat­te deut­lich, dass für ihn und seine Partei fest­ste­ht, dass die Unruhen Ergeb­nis der fehlgeschla­ge­nen Inte­gra­tionspoli­tik der anderen Parteien sind. Während sich die übri­gen Parteien weitest­ge­hend darüber einig waren, dass die Kon­se­quen­zen der Unruhen die Über­win­dung sozialer Ungle­ich­heit­en und die Schaf­fung von Bil­dungschan­cen und Per­spek­tiv­en für alle Men­schen in Schwe­den sein müssten, set­zen die SD vor allem auf eine Begren­zung der Migration.
Åkesson meinte weit­er­hin, dem Prob­lem lägen nicht allein wirtschaftliche und soziale Fak­toren zugrunde, son­dern auch kul­turelle. In Folge der „ver­ant­wor­tungslosen Ein­wan­derungspoli­tik und anforderungslosen Inte­gra­tionspoli­tik“ der let­zten Jahre iden­ti­fizierten sich die Migranten in den Vororten nicht mit der „schwedis­chen Mehrheitsgesellschaft“.
Außer­dem verurteilte Åkesson wieder­holt die Gewalt der ver­gan­genen Woche und forderte erweit­erte Befug­nisse der Polizei, die in solchen Sit­u­a­tio­nen mit Null­tol­er­anz reagieren müsste. Daraufhin meinte der Sozialdemokrat Mor­gan Johans­son, dass Åkesson in diesem Punkt jed­wede Glaub­würdigkeit ent­behre, da er noch immer jene Poli­tik­er in sein­er Partei toleriere, die let­ztes Jahr mit dem soge­nan­nten Eisen­stan­gen-Skan­dal (järn­rörsskan­dalen) und ras­sis­tis­chen Äußerun­gen für Auf­se­hen sorgten. Dies und die Frage, ob er sich von der in den Medi­en bekan­nt gewor­de­nen rechtsradikalen Bürg­er­wehr dis­tanzierte, kom­men­tierte Åkesson jedoch nur mit Kopfschütteln.
Neben der poli­tis­chen Debat­te forderten Wis­senschaftler außer­dem, dass die Regierung ein Komi­tee ein­berufen sollte, welch­es die Auss­chre­itun­gen und auch das Vorge­hen der Polizei gründlich unter­sucht. Laut der Gruppe von inter­na­tionalen Forsch­ern müsse sich nicht nur die Poli­tik, son­dern die gesamte schwedis­che Gesellschaft die Frage stellen, was es daraus zu ler­nen gebe und wie solche Auss­chre­itun­gen zukün­ftig zu ver­mei­den sind.
Eine wis­senschaftliche Auseinan­der­set­zung sei wichtig, da sich Par­al­le­len zu ähn­lichen Ereignis­sen auf­drängten. Auch in Paris (2005), Athen (2008) und Lon­don (2011) entwick­el­ten sich Unruhen daraus, dass die Polizei in Todes­fälle ver­wick­elt war. Zudem hätte man es in „sämtlichen Fällen mit zutief­st seg­regierten urba­nen Milieus“ zu tun, „wo eine tiefe soziale Ungle­ich­heit räum­lich Aus­druck in Form ein­er geteil­ten Stadt gefun­den hat“. Dazu kämen noch Aspek­te wie Diskri­m­inierung und Gen­tri­fizierung, die die Sit­u­a­tion in den Vororten ver­schärft hätten.
Unter den Parteien ist man sich über die Rel­e­vanz ein­er solchen Unter­suchung noch nicht einig. Während Mor­gan Johans­son (Socialdemokra­ter­na) sie für notwendig hält, bezweifeln die Allianz-Parteien ihren Sinn.

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