Eine vollständige und dynamische Rockband mariniert in Musikgeschichte

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Irgend­wann in den frühen 1990ern in Stock­holm fan­den sich Mat­tias Wärm­by und Kurt Dräck­es zu dem zusam­men, was später die Band The Roy­al Cream wer­den sollte. Eine Band, die zwar einen fes­ten Platz in der Stock­holmer Musik­szene hat, aber bish­er der großen Öffentlichkeit weit­ge­hend ver­bor­gen blieb. Zum ersten mal sind sie in mein musikalis­ches Bewusst­sein gerückt, als die Hel­la­copters auf ihrem Abschied­sal­bum „Head off“ ihre Sin­gle „Dar­ling Dar­ling“ coverten. Mit ihrem Konz­ert in Berlin Anfang des Jahres, anlässlich des Jubiläums des geschätzten Soulseller Mag­a­zins, haben sie mich rest­los für sich ein­genom­men. Im Jahr zuvor bracht­en The Roy­al Cream die großar­tige Sin­gle „Falling Down“ her­aus, die ich mit­tler­weile zu meinen Lieblingsliedern zähle.

Im Mail­in­ter­view erzählt Mat­tias über die Anfänge der Band, die Zusam­me­nar­beit zwis­chen ihm und Kurt und woran sie momen­tan arbeiten.

 
Hier geht es zum Inter­view auf Schwedisch. Inter­vjun på svenska.

Wie ent­stand The Roy­al Cream? Wie habt ihr euch kennengelernt?
Ich war 1994 (oder war es 1995?) in der Bar Munchies in Stock­holm und unter­hielt mich mit jeman­dem darüber, eine Band zu grün­den, dass jedoch noch ein Bassist fehlte. Plöt­zlich löste sich jemand aus den Schat­ten, kam rüber und sagte: Ich kann Bass spie­len! Anstatt zu sagen „Krass, wie cool!“, guck­te ich den lang­haari­gen Jüngling an und fragte: Kannst du auch sin­gen? Das war der Beginn ein­er wun­der­baren Freundschaft.
Hohe Ansprüche, wie man merkt, ha ha ha! Der lang­haarige Bassist, der, wie sich zeigen sollte, auch sin­gen kon­nte und das richtig gut, war Kurt Dräck­es. Danach fin­gen wir an gemein­sam zu spie­len und wie sich her­ausstellte, war das ein Glück­str­e­f­fer. Zuerst spiel­ten wir unter ver­schiede­nen Namen und nah­men ein paar Demos auf. Aber es brauchte ein paar Jahre, bis wir unseren Sound und Stil gefun­den hatten.
Erst irgend­wann am Ende der 90er tauften wir die Band The Roy­al Cream. Am Anfang waren wir auch noch vier feste Band­mit­glieder. Bei der Orig­i­nalauf­nahme von „Dar­ling Dar­ling“ zum Beispiel, waren wir ein Quar­tett. Aber Anfang der 2000er Jahre wur­den wir ein Duo und das blieb sei­ther so. Außer wenn wir live auftreten natür­lich – dann ver­wan­deln wir uns zu ein­er voll­ständi­gen und dynamis­chen Rock­band, wenn wir das selb­st sagen dür­fen, ha ha ha!

Welche Bands haben euch inspiri­ert, Musik zu machen?
Wir haben natür­lich viele Inspi­ra­tionsquellen. Wenn man sich unsere Musik anhört, klingt es sich­er, als ob wir Rock and Roll mit Wurzeln in den 60er und im klas­sis­chen Rock der 70er Jahre spie­len. Und viele Bands dieser Ära sind auch unsere Favoriten, wie The Who, Rolling Stones, Beatles etc etc. Aber wir wildern auch im Punk und Pop. Wir haben eigentlich keine Gren­zen, wenn es um unsere Inspi­ra­tionsquellen geht.
Wenn man unser ehrwürdi­ges Alter erre­icht hat, fühlt es sich so an, als ob Kör­p­er und Seele in der Musikgeschichte mariniert sind. Man hat eine Mil­lion Bands gehört, das ganze Wesen ist sozusagen mit Inspi­ra­tion gefüllt. Es ist wie ein Meer an Inspi­ra­tion, aus dem man schöpfen kann.

Seid ihr eigentlich Vollzeitmusiker?
We wish! Wir sind bei­de Helden der Arbeit­erk­lasse. Wir bren­nen für die Musik und es ist unser Leben, aber zurzeit sind wir weit davon ent­fer­nt von der Musik zu leben.
Aber die Musik ist deswe­gen kein „Hob­by“. Ich würde sofort meinen Job kündi­gen, wenn ich mit der Musik genug zum Leben ver­di­enen würde.
Wie ich zu sagen pflege: Kün­st­lerisch läuft es gut, kom­merziell weniger.

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Wie sieht die Zusam­me­nar­beit zwis­chen euch aus und wer schreibt die Songs?
Wir schreiben alle Lieder zusam­men. Aber das kann von Lied zu Lied sehr unter­schiedlich ausse­hen. Manch­mal kommt ein­er von uns mit ein­er fast fer­ti­gen Idee, in die der andere sich ein­klinkt und seine Ideen mit ein­bringt. Manch­mal sitzen wir im Proben­raum und trinken Wein und jam­men ein­fach und schwups – haben wir zusam­men ein Lied geschrieben. Wir sind sehr anspruch­s­los wenn es darum geht Musik zu machen. Für uns ist es ein Spiel bei dem alles erlaubt ist. Klar, gle­ichzeit­ig ist es blutiger Ernst und wir nehmen die Musik sehr ernst, aber wie gesagt, wir haben eine sehr ver­spielte Ein­stel­lung zum Musikmachen.
Nie würdest du Kurt sagen hören: „Nein, also so kann man doch wohl nicht spie­len!“ Wie ver­rückt eine Idee auch sein mag, sie ist es wert aus­pro­biert zu wer­den. Aber gle­ichzeit­ig sind wir extrem selb­stkri­tisch und es gibt sehr, sehr viele Lieder und Ideen, die niemals an die Öffentlichkeit gelan­gen, ha ha ha!

Kurt spielt ja auch in The Sew­er­grooves. Mat­tias, hast du auch noch eine andere Band?
Naja, eigentlich nicht, ich habe ein kleines Hard­core/Punk-Pro­jekt, das The Flags heißt. Wir haben eine Vinyls­in­gle her­aus­gegeben. Aber wir haben nie live gespielt. Außer­dem schreibe ich Pop­songs mit schwedis­chen Tex­ten. Die Band hat bish­er keinen Namen, aber es wäre schon schön die Songs aufzunehmen und sie vielle­icht mal so allmäh­lich live zu spielen.

Ken­ny Håkans­son (Hel­la­copters und Mary’s Kids) nan­nte euch mal „one of the top acts around town“. Würdet ihr dem zustimmen?
Ich würde doch eher sagen, Ken­ny ist one of the top acts around town! Eine fre­undlichere, net­tere und authen­tis­chere Per­son ist schw­er zu find­en. Er ist schon mehrmals mit uns aufge­treten und das darf er auch gern wieder tun!
Natür­lich freuen wir uns darüber, wenn Leute so nette Sachen über uns sagen. Wir selb­st sind da aber doch etwas zurück­hal­tender. Wir machen unser Ding, etwas anderes kön­nen wir nicht tun. Und wenn die Leute das mögen ist das gut.

Was passierte zwis­chen den Veröf­fentlichun­gen von „Death Is Not A Des­ti­na­tion“ (2005) und „Falling Down“ (2013)? Warum habt ihr eine so lange Pause eingelegt?
Wir sind bekan­nt dafür, träge zu sein und langsam zu arbeit­en. Oder sollte man eher berüchtigt sagen? Ha ha ha! Aber deine Frage ist auch nicht ganz wahr. Vor „Death Is Not A Des­ti­na­tion“ haben wir eine CD-Sin­gle mit drei Liedern unter dem Namen „Musi­cal Sen­sa­tion­al­ism“ (Big Bon­go Rec) veröf­fentlicht. Die ist ein biss­chen vergessen und vielle­icht auch etwas unter­schätzt? Danach haben wir 2006 eine Deutsch­land-Tour gemacht.
Wir waren auch Haus­band von einem Club auf Debas­er in Stock­holm. Da haben wir Cov­er­songs gespielt und Sänger dazu ein­ge­laden, sie mit uns zu sin­gen. Das waren u.a. Odd von The Robots, Fredrik Eriks­son von Two­pointeight und Altay von The Doits und noch ein paar andere tolle Leute.
Während dieser Zeit haben wir einige vere­inzelte Auftritte gehabt, z.B. 2008 beim Azke­na Rock Fes­ti­val im Baskenland/Spanien. Aber klar, du hast Recht, dass wir ziem­lich inak­tiv waren und es gibt nie­man­den, der darüber mehr irri­tiert ist als wir selb­st! Aber jet­zt haben wir eine Menge Energie, wir haben unseren Fokus gefun­den und nun arbeit­en wir härter als jemals zuvor!

Royal Cream

Jet­zt soll ein neues Album kom­men. Was kön­nt ihr darüber erzählen und wann soll es rauskommen?
Wir arbeit­en daran – langsam aber sicher.
Dieses Jahr haben wir aber zwei Vinyls­in­gles veröf­fentlicht, eine bei dem franzö­sis­chen Label Pit­shark mit zwei Liedern: „Melody“ und „A walk in the park“. Und eine andere Sin­gle, die eine gemein­same Veröf­fentlichung zwis­chen Pit­shark und dem spanis­chen Label Ghost High­way Records ist. „Amer­i­can Way“ und „The Black Bird“ heißen die Songs.
Wir waren ger­ade im Stu­dio und haben einen Song einge­spielt, „The Oth­er Side Of Life“, der als Splits­in­gle mit der ital­ienis­chen Band King Masti­no veröf­fentlicht wer­den soll. Wir haben uns gedacht den Song während der Deutsch­land-Tour im Sep­tem­ber rauszubrin­gen, die wir gemein­sam mit King Masti­no machen wer­den. Also jet­zt arbeit­en wir defin­i­tiv härter als zwis­chen „Death is not…“ und „Falling Down“.
Wir haben ein paar Lieder für eine LP einge­spielt, aber dass die noch 2014 raus­ge­bracht wird, ist eher unwahrscheinlich.

Was kön­nt ihr über die geplante Tour sagen?
Wie oben schon gesagt, kom­men wir im Sep­tem­ber nach Deutsch­land! Zwis­chen dem 10. und 20. Sep­tem­ber. Zehn Auftritte ins­ge­samt. Wir waren zwar erst im Jan­u­ar in Deutsch­land, aber wir freuen uns unglaublich darauf, zurück zu kom­men. Für Details und Spiel­stät­ten sollte man auf der Seite von Bazooka Book­ings schauen.

Eine let­zte und ganz andere Frage: Dieses Jahr sind auch Par­la­mentswahlen in Schwe­den. Inter­essiert euch das, ist das wichtig für euch?
Extrem wichtig! Als Band sind wir zwar nicht direkt poli­tisch, aber für uns als Pri­vat­per­so­n­en ist es wichtig. Wir haben jet­zt seit acht Jahren eine bürg­er­liche Regierung, die im Prinzip die Ressourcen unseres Lan­des ausverkauft und unser Sozial­we­sen pri­vatisiert hat. Jet­zt sollte damit Schluss sein!

Vie­len Dank für das Interview!
Danke dir – dafür, dass du daran inter­essiert warst, was wir zu erzählen hat­ten. Hof­fentlich sehen wir uns im Sep­tem­ber bei ein­er der Shows!

 

The Roy­al Cream auf Spo­ti­fy.

 

1 Kommentare

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