Verleger Beat Hüppin: Ein Buch weckt Erinnerungen an gewisse Orte

Beat Hüppin (l.) und Jaakko MelentjeffBeat Hüppin (l.) und Jaakko Melentjeff stellen "Die Ertrunkenen" bei einer Lesung vor.

Beat Hüp­pin kommt aus der Schweiz und hat 2016 seinen ersten Roman „Tal­wass­er“ her­aus­ge­bracht. Nur ein­fach Schrift­steller zu sein, reichte ihm allerd­ings nicht, er wollte auch Büch­er sel­ber ver­legen. Da seine Mut­ter Finnin ist, spricht er fließend Finnisch und die finnis­che Lit­er­atur liegt ihm sehr am Herzen. Da aber viele finnis­che Büch­er gar nicht ins Deutsche über­set­zt wer­den, hat sich Beat Hüp­pin nun dieser Auf­gabe ver­schrieben. Und so grün­dete er vor eini­gen Monat­en mit drei Mit­stre­i­t­erin­nen den Antium Ver­lag, der sich u.a. der finnis­chen Lit­er­atur wid­men will. Im Inter­view erzählt er uns u.a. , warum seine über­set­zten Büch­er von Sehn­sucht­sorten handeln.

Warum woll­test du einen Ver­lag grün­den, der sich u.a. auf Lit­er­atur aus Finn­land spezial­isiert?
Der Aus­lös­er war, dass ich neb­st meinen eige­nen Büch­ern, die ich unter anderem beim renom­mierten Zyt­glogge Ver­lag veröf­fentlichen kon­nte, auch sel­ber gerne aus dem Finnis­chen über­set­zen wollte. Ich hat­te näm­lich fest­gestellt, dass viele der finnis­chen Büch­er, die ich gerne mag, gar nicht auf Deutsch über­set­zt wor­den sind und somit dem deutschsprachi­gen Pub­likum auch nicht zugänglich sind. Ander­er­seits wollte ich die größt­mögliche Frei­heit bei der Auswahl der Titel, die ich über­set­ze. So blieb mir prak­tisch nichts anderes übrig, als dafür selb­st einen Ver­lag zu grün­den. Es kamen natür­lich noch einige andere Aspek­te hinzu, aber das war sozusagen die Grundidee.

Wie hast du dich für deine Autor*innen entsch­ieden?
Die Wege, wie die Büch­er zu mir find­en, sind unter­schiedlich. Immer gibt es jedoch einen Auswahl­prozess. Die Büch­er müssen mir selb­st gefall­en, sprach­lich wie erzähltech­nisch, aber sie müssen auch inner­halb des Ver­lagspro­gramms zueinan­der passen. Ich suche nach etwas Speziellem, das mich anspricht und dann hof­fentlich auch das Pub­likum. Worin genau dieses Spezielle beste­ht, kann ich nicht im Voraus sagen, aber wenn ich es gefun­den habe, weiss ich es meist sehr schnell.

Wie lief der Prozess von der ersten Entschei­dung ein Buch zu ver­legen, bis hin zum fer­ti­gen Buch in dein­er Hand?
Zu allererst mussten wir natür­lich Vieles erst ler­nen. Deswe­gen planten wir anfänglich auch nur ein einziges Buch, um all die Prozesse ken­nen­zuler­nen und die tech­nis­chen Dinge in den Griff zu kriegen. Erst danach fol­gte ein erstes Hal­b­jahre­spro­gramm mit vier Büch­ern. Der Prozess kann vere­in­facht gegliedert wer­den in die Über­set­zungsphase mit Lek­torat, anschließend Satz und Kor­rek­turlesen bis hin zur fer­ti­gen Druck­vor­lage. Schon während der Über­set­zungsphase muss man sich Gedanken machen über Klap­pen­texte, Biogra­phie des Autors, ein möglich­es Cover­bild und viele andere Dinge.

Antium Verlag

Ihr sagt, dass eure „Büch­er von Sehn­sucht­sorten han­deln“. Kannst du das genauer erk­lären?
Unsere Büch­er sind ja fast immer fest an gewisse geo­graphis­che Gegeben­heit­en geknüpft. Sehn­sucht­sort meint, dass es Orte sind, die einem am Herzen liegen, die man zum Beispiel auch als Reisender liebge­won­nen hat. Ein Buch weckt Erin­nerun­gen an gewisse Orte, die man ken­nt, oder weckt Inter­esse, bes­timmte Orte ken­nen­zuler­nen. Das ist ein Aufhänger, den wir benutzen, um unsere Büch­er zu charak­ter­isieren. Jedes Buch soll gewisse Aspek­te der jew­eili­gen Län­der und Regio­nen trans­portieren, so dass die Leser mehr über diese konkreten Orte und die
Men­schen, die dort leben, erfahren. Unsere Büch­er spie­len also nicht ein­fach im luftleeren Raum.

Was bedeuten Büch­er für dich?
Büch­er sind Fen­ster zur Welt oder zu anderen Wel­ten, in denen man gerne
ein­taucht. Büch­er kön­nen erfreuen, unter­hal­ten, „belehren“, aufrüt­teln, erschreck­en, und am besten Mehreres davon zugle­ich. Wir acht­en darauf, dass unsere Büch­er zwar niveau­voll und intel­li­gent sind, aber den­noch unter­halt­same Aspek­te enthal­ten und angenehm les­bar sind. Allzu Triv­iales wer­den wir nicht brin­gen, aber auch nichts allzu Verkopftes.

Was ist dein per­sön­lich­es Lieblings­buch, das du immer und immer wieder lesen kannst?
Thomas Mann, Bud­den­brooks. Da steckt alles Men­schliche drin.

Skan­di­navis­che Büch­er sind in Deutsch­land all­ge­mein sehr beliebt. Was glaub­st du, woran das liegt?
Es sind natür­lich auch gewisse Mod­en in der Lit­er­aturszene. Aber was ich vorher unter dem Stich­wort „Sehn­sucht­sorte“ erwäh­nt habe, gilt für Skan­di­navien doch wohl all­ge­mein ein wenig. Im Kinde­salter liest man vielle­icht mal etwas von Astrid Lind­gren und damit fängt es an. Bei den Krim­i­au­toren, wenn ich an Stieg Lars­son und andere denke, ist vom Idyll zwar nicht mehr viel übrig. Aber offen­sichtlich ist der skan­di­navis­che Kri­mi, vor allem der schwedis­che, in der Unter­hal­tungslit­er­atur zu einem fes­ten Wert geworden.

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Und eine let­zte Frage: Welche Autor*innen kannst du beson­ders empfehlen?
Natür­lich alle, die wir bish­er ver­legt haben. Sie sind alle unter­schiedlich und doch jed­er auf seine Art ganz toll. Unsere bish­eri­gen finnis­chen Autoren sind: Jaakko Melen­t­j­eff, Antti Tuuri und Hele­na Väisä­nen; im Herb­st fol­gt ein Buch von Mika Hen­tunen und 2020 eines von Mikko-Pekka Heikki­nen. Ich bin stolz auf jedes einzelne dieser Büch­er, die wir real­isieren durften und die ich per­sön­lich mit viel Herzblut über­set­zt und betreut habe. So wäre es auch unfair, wenn ich ein einzelnes beson­ders her­ausheben würde.

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