Nordlichter

Private residence. Siuntio, Finland. Foto: Secto Design

von Myr­i­am Guedey und Jan­i­na Poesch, www.plotmag.com

Nach lan­gen nordis­chen Win­ternächt­en sor­gen gute Desig­nideen für erhel­lende Momente. Dabei zeich­net sich skan­di­navis­ches Design nicht nur durch natür­liche Mate­ri­alien, klare For­men, angenehme Hap­tik und frische Far­ben aus, es ist vor allem die Konzen­tra­tion auf das Wesentliche sowie die Vor­liebe für Holz oder andere organ­is­che Mate­ri­alien, welche die hier ent­stande­nen Konzepte weit über die eige­nen Lan­des­gren­zen hin­aus bekan­nt gemacht haben.
Vor allem, wenn es um das The­ma Licht geht, kann man den Skan­di­naviern so schnell nichts vor­ma­chen – wird ihnen doch eine ganz beson­dere Beziehung zum Licht nachge­sagt, das ein Sym­bol für Klarheit, Erken­nt­nis und Inspi­ra­tion darstellt. Vielle­icht ist dies auch der Grund dafür, warum so viele Design­er Leucht­en entwer­fen. Einige der span­nend­sten, inno­v­a­tivsten und vor allem ästhetisch anspruchsvoll­sten Schöp­fun­gen stellen wir euch deswe­gen im Fol­gen­den vor.

Verner Panton: Flowerpot VP1, 1968

1_verner panton_flowerpot_01 BPeace, Love and Hap­pi­ness: Auf dem Höhep­unkt der Hip­pie-Bewe­gung ent­warf Vern­er Pan­ton die Leuchte Flow­er­pot. Doch ganz im Gegen­satz zu den amor­phen Sit­z­land­schaften des Dänen hat diese Pen­delleuchte eine streng geometrische Gestalt: Sie beste­ht lediglich aus zwei einan­der zuge­wandten hohlen Hal­bkugeln. Wobei die untere nur halb so groß ist wie die obere, die Glüh­birne verdeckt und gle­ichzeit­ig als Reflek­tor dient. Auch wenn der Name die Ver­mu­tung nahe legt: Es waren nicht die psy­che­delis­chen For­men des Flower-Pow­er, die Pan­ton zu diesem min­i­mal­is­tis­chen Entwurf inspiri­erten, son­dern vielmehr die atmo­sphärischen Bilder der ersten beman­nten Raum­fahrt, die in den 60er-Jahren um die Welt gin­gen: Bilder von sich umkreisenden Plan­eten, die langsam aus dem Dunkel auf­tauchen und strahlen.

Her­steller: &tradition, Kopen­hagen (DÄNEMARK)
Web: www.andtradition.com
Foto: &tradition

Seppo Koho: Octo 4240, 2005

Thalatta Seaside Hotel. Evia, Greece, Interior design by BOX architects. Photo by Vangelis Paterakis.Zeit­los ist ein oft ver­wen­detes Wort im Zusam­men­hang mit skan­di­navis­chem Design. Doch was heißt das schon? Vielle­icht lässt es sich am ehesten mit einem Gefühl beschreiben: Wenn wir jeman­dem zum ersten Mal begeg­nen und uns sich­er sind, diesen Men­schen bere­its zu ken­nen. Alles ist ver­traut. Genau so ein Gefühl stellt sich auch bei Octo ein. Und das ist wahrschein­lich auch ein­er der Gründe, weshalb diese Leuchte trotz ihrer jun­gen Jahre bere­its viele begeis­terte Fre­unde auf der ganzen Welt gefun­den hat. Zudem ist Octo eine waschechte Finnin: ent­wor­fen  vom finnis­chen Design­er Sep­po Koho, hergestellt aus unbe­han­del­tem finnis­chen Birken­holz, in Form gebo­gen und zusam­menge­fügt von finnis­chen Handwerkern.

Her­steller: Sec­to Design Oy, Kau­ni­ainen (FINNLAND)
Web: www.sectodesign.fi
Foto: Sec­to Design; Van­ge­lis Paterakis

Birger Dahl: Birdy, 1952

3_birger dahl_birdy_02_nl_klBirdy hätte sich sich­er fan­tastisch auf Don Drap­ers Schreibtisch in der ersten Staffel von Mad Men gemacht. Die Serie spielt in den 60er-Jahren, aber Birdy passt auch heute noch wun­der­bar auf jeden Tisch. Und glück­licher­weise hat der nor­wegis­che Her­steller North­ern Light­ing den Entwurf des Dänen Birg­er Dahl kür­zlich wieder­ent­deckt und neu aufgelegt. Aus gutem Grund: Denn die Leuchte ist auch ein Stück Designgeschichte Skan­di­naviens, stammt sie doch aus den ersten Anfän­gen des „Skan­di­navis­chen Designs“ – eine Bewe­gung, die ab 1950 ange­treten ist, um das Design zu demokratisieren: mit sowohl ästhetis­chen als auch funk­tionalen All­t­ags­ge­gen­stän­den, die für jeden erschwinglich sein soll­ten. Sein­erzeit gelang dies Birg­er Dahl mit Birdy vor­bildlich, heute bewegt sie sich preis­lich – wie die meis­ten Design­klas­sik­er – in ein­er anderen Liga. Erhel­lend ist sie jedoch immer noch…

Her­steller: North­ern Light­ing AS, Oslo (NORWEGEN)
Web: www.northernlighting.no
Foto: North­ern Light­ing AS | Col­in Eick | Kristofer John | Chris Tonnesen

TAF Architects: Wood Lamp, 2010

4_taf architects_wood lamp_03_klUrsprünglich war Wood Lamp gar nicht für eine Serien­fer­ti­gung vorge­se­hen: Sie gehörte zu ein­er Instal­la­tion, die Gabriel­la Gustafson und Mat­tias Ståhlbom vom Stock­holmer Design Stu­dio TAF für den Show­room eines Büros­tuhl-Her­stellers gestal­tet hat­ten: ein PC-Arbeit­splatz, sim­pel nachge­baut aus Holz. Dafür hat­ten sich die Schwe­den auch die typ­is­che Architek­ten­leuchte vorgeknöpft und ein Low-Tech- Gegen­stück zu den son­st eher tech­nisch anmu­ten­den Gelen­kleucht­en ent­wor­fen: kantig, kom­plett aus Holz und mit Flügelschrauben in den Gelenken. Mit­tler­weile hat sich die Serien­ver­sion der Wood Lamp den Charme eines DIY-Objek­ts bewahrt, ist aber gle­ichzeit­ig zu ein­er voll­w­er­ti­gen Arbeit­splat­zleuchte avanciert. Den Weg in die Samm­lung des dänis­chen Design­mu­se­ums hat dieser unkon­ven­tionelle Entwurf jeden­falls bere­its gefunden.

Her­steller: Muu­to, Kopen­hagen (DÄNEMARK)
Web: www.muuto.com
Foto: Muuto

Arne Jacobsen: AJ, 1960

LamperDas SAS Roy­al Hotel in der Alt­stadt Kopen­hagens gilt als das Meis­ter­w­erk von Arne Jacob­sen. Der dänis­che Architekt ent­warf den 70 Meter hohen Turm mit inte­gri­ertem Ter­mi­nal Ende der 50er-Jahre im Auf­trag der Scan­di­na­vian Air­lines. Aber nicht nur das Gebäude, auch die gesamte Innenein­rich­tung wur­den von ihm gestal­tet: von den Möbeln bis hin zum Besteck und den Vorhän­gen. Viele von Jacob­sens Entwür­fen für das Hotel gehören heute zum Kanon der Design­klas­sik­er, zum Beispiel die Ses­sel Schwan, Ei und Tropfen. Und natür­lich die  Leucht­en-Serie AJ. Lei­der ist vom Gesamtkunst­werk des dänis­chen Meis­ters wegen mehrerer Umbaut­en nicht mehr viel im Orig­i­nal erhal­ten, nur das Zim­mer mit der Num­mer 606 scheint wie kon­serviert: Hier ist alles noch genau so, wie Jacob­sen es geplant hat­te – inklu­sive der AJ-Stehleuchte in der Sitzecke.

Her­steller: Louis Poulsen A/S, Kopen­hagen (DÄNEMARK)
Web: www.louispoulsen.com
Foto: Louis Poulsen A/S | Fritz Hansen

Note Design Studio: Elements, 2015

6_note design studio_elements_01_klDas Licht im Nor­den ist ein anderes. Vor allem im Win­ter, wenn die Sonne so tief ste­ht, dass es tagsüber nie strahlend hell wird. Eigentlich gibt es dann nur noch den Über­gang: Die Däm­merung, deren Licht von Bergen, Seen und Schnee auf eine ganz eigene Weise reflek­tiert wird – san­ft und weich, in vie­len Farb­schat­tierun­gen. Das schwedis­che Design Stu­dio Note hat sich genau dieses Phänomen zum Vor­bild für eine kleine Leucht­en-Fam­i­lie gemacht. Ele­ments heißen die schlicht­en Pendel‑, Steh- und Boden­leucht­en, die mit Stof­fen des dänis­chen Tex­til­her­stellers Kvadrat bezo­gen sind – in dun­klem Graublau und Weiß oder in roten und grü­nen Pastelltö­nen. So, wie sie leucht­en, stellen wir uns die Däm­merung in den Bergen Schwe­dens vor: irgend­wo zwis­chen Licht und Dunkelheit.

Her­steller: Zero, Nybro (SCHWEDEN)
Web: www.zerolighting.com
Foto: Note Design Studio

Greta Grossman: Gräshoppa, 1947

Gräshop­pa ist der älteste Entwurf in dieser Runde. Allerd­ings ein­er, dem sein Alter wirk­lich nicht anzuse­hen ist. Hand aufs Herz: Hät­tet ihr gedacht, dass diese Stehleuchte bere­its 68 Jahre alt ist? Kein Wun­der, denn ihre Schöpferin, die schwedis­che Designer­in und Architek­tin Gre­ta Gross­man, war ihrer Zeit weit voraus. In den 30er-Jahren been­dete sie als eine der ersten Absol­ventin­nen ihr Studi­um an der Stock­holmer Kun­stschule Kon­st­fack. Anschließend machte sich Gross­man mit einem eige­nen Design­stu­dio in Stock­holm selb­ständig, bevor sie nach Los Ange­les zog, wo sie als Designer­in und Architek­tin arbeit­ete – als eine der weni­gen Frauen dieser Zeit. Unter der Sonne Kali­forniens ent­stand schließlich auch Gräshop­pa – ein fil­igranes Insekt auf drei Beinen, leicht nach hin­ten geneigt, bere­it zum Sprung durch die Zeit.

Her­steller: Gubi A/S, Kopen­hagen (DÄNEMARK)
Web: www.gubi.dk
Foto: Gubi A/S

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